// Juni 2024

Im Katzenflüsterer-BLOG geht es um die dalmatinischen Straßenkatzen, er ist die FORTSETZUNG von meinem WUNDER Buch Zwei / Momente zum Staunen – Die Katzenflüsterer. Dort berichte ich über die samtigen Streuner, die wir – Sel & Gil – auf der kroatischen Küste aufgenommen haben. In diesem Blog darf ich euch über ein bestelltes WUNDER namens Levi berichten. 

Sommersonnwende

Komische Gefühle machen sich in Magen- und Herzgegend breit, denn seit gestern Vormittag ist Levi nicht gekommen. Unser jüngster Kater, der geborene Freigänger, der es dennoch liebt, in unseren vier Wänden seinen Schutz zu suchen. Noch nie war er länger als einen Tag weg.

Eine weitere ernsthafte Sorge um uns und andere Tiergenossen: Im Holzofenrohr bauen sich scheinbar Bienen ein Nest, nun versuchen sie aus den Schlitzen des filigran in kroatischer Manier montierten Ofenrohrs zu flüchten. Alle paar Minuten tauchen sie summend in der Küche auf. Gil ist gerade mal wieder auf Tour in Österreich. Was soll ich nun tun? Mein Bemühen, sie aus dem Fenster fliegen zu lassen, verhält sich wenig erfolgreich. So frage ich meinen Imker-Freund in Österreich per Telegram. Ich soll den Ofen anmachen, der Rauch wird sie in die Flucht aus dem Kamin schlagen, ist sein Rat. Das muss aber vor Einbruch der Dunkelheit geschehen. Leider ist nicht viel geschehen, was die Hilfe des Vermieters und der anderen Angehörigen betrifft. Den Imker vor Ort konnte ich auch nicht antreffen. Er sollte aber kommen wurde mir nach Kommunikation der Dringlichkeit zumindest versprochen, um die Bienen in einen Bienenstock zu locken. Bis jetzt – 16.30h – war niemand da. 

Es hat draußen 35 Grad, ich hab – nachdem bis mittags niemand gekommen war, um die Bienen zu retten – Levi gesucht. Die Hitze war kaum erträglich, Kopfschmerzen machten sich breit. Ein schwarzer Dorfhund schließt sich meiner Suche liebevoll an und begleitet mich auf der Runde auf dem heißen Pflaster der verlassenen Gegend. Kein Levi weit und breit zu finden.

Dafür ist der Ischias Schmerz, der vor zwei Tagen eingesetzt hat, etwas besser. Eh ein Wunder, weil ich im Beet regelmäßig eine gebückte Haltung einnehme. So ist es mal besser mal schlechter.

Erleichtert war ich, als ich Bijela gerufen hab und sie kam – Zunge raushängend. Schnell trug ich sie hinein ins weit kühlere Haus. Auch Bora und Brosa kamen angerannt und flüchteten hinein. Bono musste ich mit Leckerli hereinlocken. Es war so schön, sie nun fast alle bei mir zu haben. Bijuty, die oft ihre Runden zieht, fehlte noch. Und Levi …

Als ich das Handy zückte, um eine Nachricht zu schreiben, merkte ich: kein Internet. Auch kein Strom! Schon wieder machte sich ein komisches Gefühl breit. Ich ließ überall Wasser ein, wo ich konnte – Wäschebottich, Kanister, leere Flaschen, Töpfe – und duschte mich rasch kalt runter, nachdem mein Kopf schweißgebadet von der Suche immer noch dröhnte. Den Ofen schaffte ich irgendwie und doch nicht anzumachen. Der Druck aufgrund der Hitze draußen war womöglich Schuld daran, oder meine fehlenden Fertigkeiten für solch ein Vorhaben. Ich war unfähig ein „gscheites“ Ofenfeuer zu entfachen. 

Eine eigenartige Sommersonnwende war das. Ich fühlte mich allein gelassen, einsam und verzweifelt. Da durfte wieder einiges angeschaut werden in mir. Ohne Strom, mit Bienen im Ofenrohr, ohne Levi, ohne Gil … So kann man diesen quasi größten Feiertag – was die Sommersonnwende für uns persönlich darstellt – jedenfalls mal sinnvoll mit einem Kerzenlicht-Ritual und Räuchern nützen, um sich seinen alten Wunden bewusst zu werden und diese heilen zu können …

Wo bleibt das Wunder?

// 22. Juni 2024

Tag 3 spätabends. Morgen Früh werden es 72 Stunden, seit dem ich Levi zuletzt gesehen hab. Viele Katzenkenner erzählen uns, es sei normal, wenn Kater oder Katzen ein, zwei, drei Tage lang wegbleiben. Für uns ist es aber nicht normal, weil Levi immer da war, jeden Tag von seinen Ausflügen zurückkam. Ja, oft war er die ganze Nacht lang unterwegs, oder er wollte mitten in der Nacht hinaus, aber am nächsten Tag war er wieder da. Diesmal war es anders. Er kam um etwa 9 Uhr Früh, aß ein bisschen, doch sprang er gleich wieder aus dem Küchenfenster. Vielleicht war er sauer, weil er keine „Knacksi“ bekam? So nennen wir Miezchens geliebtes Trockenfutter, das wir aber nur selten geben wollen.

Meistens hat Levi nach so einer Streunernacht seinen nächtlichen „Jagd-Rausch“ ausgeschlafen, doch diesmal verließ er postwendend das Haus … Und kam nicht mehr an diesem Tag. Was einfach nicht üblich war. Auch nicht am nächsten. Und auch nicht heute, am dritten Tag. Deshalb machen wir uns mitunter auch berechtigte Sorgen. Wir haben ihn weder auf unserer Suche durch das gesamte Dorf gefunden, noch ist er, wie wir täglich hoffen, auf Rufen aufgetaucht – weder zum Frühstück, noch zum Abendessen, auch nicht zwischendurch. Ist ihm was zugestoßen? Hat er sich irgendwo eingesperrt, einsperren lassen? Lebt er noch? Die schrecklichsten Szenarien werden im Kopf durchgespielt und sofort wieder verworfen.

VERTRAUE! Ich erinnere mich an MEIN Wort! 

Zwischenzeitlich war Gil zurück von seiner Reise, half mir bei der Suche. Auch der benachbarte Imker war endlich gekommen und stieg aufs Dach um das Bienenproblem zu lösen. Dankbarkeit wie auch Erleichterung machten sich diesbezüglich breit. 

+++

Wo bleibt das Wunder? Es macht wenig Sinn, Wunder zu erwarten. Vor allem: Es gilt wieder einmal LOSZULASSEN. Ohne Erwartungen zu SEIN. Es kann nicht immer so laufen, wie wir es herbeisehnen oder hoffen. Wie unser Ego es wünscht, nur damit es beruhigt ist. Ja, es fühlt sich echt  BESCHeiden an, im Ungewissen zu sein. Doch es hat auch seinen Vorteil! Man darf sich seine Geschichte selbst kreieren. Ja, mein Ego, vielmehr mein Herz, möchte Levi gerne wiedersehen. Doch möchte Levi dies? Nur das zählt doch, oder? In WUNDER BUCH ZWEI habe ich eine ähnliche Situation erlebt und erzählt: Levis Vater Ohrli hat uns damals für kurze Zeit quasi das Herz gebrochen. Doch die Erkenntnis vor dem Wunder, das sich damals zeigen durfte, war: 

Nur weil mein Ego es möchte, muss Katerchen nicht zurückkommen! 

Einzig und allein wichtig ist es, was Kater möchte!

„Möge es ihm gut gehen!“, das darf man ihm wohl wünschen. Nicht aus dem Ego heraus, sondern für das Wohle meiner geliebten Samtpfote. Mit dieser Erkenntnis sah ich damals friedvoll zum Balkon hinaus. Ohne der reinsten Erwartung. Und wer saß da auf dem Sessel draußen? …

Ja, Ohrli war zurück gekommen. 

Klar, meine zu Levi erwachsene Liebe wünscht sich ein ähnliches WUNDER. Und das WUNDER wird sich ganz bestimmt zeigen. Oder es hat sich bereits gezeigt, nur gilt es, dieses zu erkennen! Wollte Levi aus der „Matrix“ hier aussteigen? Womöglich ist er erlöst! Wäre für ihn nebenbei bemerkt WUNDERvoll! Oder er wollte einfach mal die Welt entdecken? Kann sein, hat auch Ohrli, sein Vater, dazu beigetragen? Ohrli wirkt ebenso traurig, wie wir es sind. Es scheint uns, als ahnte er etwas, als wüsste Ohrli, was passiert war. Hat er ein schlechtes Gewissen? Er ist seit Levis Verschwinden viel ruhiger geworden, nachdenklich, wenn man dies bei Katzen so sagen kann. Er frisst nicht mehr so viel, viel zu viel, wie sonst. Er hat einen traurigen Blick. Vermisst er Levi? Wie wir ihn auch. Womöglich hat sein Spieltrieb Levi verscheucht? Ohrli war tatsächlich oft lästig, hat seinen Hausverstand vergessen einzusetzen. Ohne Gefühl, wann Schluss ist, wollte er auf Biegen und Brechen mit Levi spielen. Wir beobachteten Levi, wie genervt er manchmal reagierte. Ohrli war eher das Kind und Levi der Erwachsene. 

Levi ist für seine jungen 14 Monate reifer. Er wollte von Anbeginn immer nur draußen sein, entdecken, was das Zeug hält. Er ist ziemlich unerschrocken, doch durchaus vorsichtig, sehr sozial, freundet sich leicht mit anderen Artgenossen an – mit Alpakas wie wir auf der Ranč schon erlebten und sogar mit dem hiesigen Dorfhund. Levi ist ein ungemein friedlicher, liebevoller Kater. Seit Levis Mama Lucy bei uns ist, kam wohl auch Unruhe in unser Heim. Hat Levi auch dies erschreckt und verscheucht? Oder waren es doch seine geliebten „Knacksi“, die er vermisst hat? 

Ja, uns fallen so einige Gründe ein, warum Levi aus unserem Leben verschwinden wollen könnte.

Wir werden dies wohl nie erfahren, nie eine Antwort auf diese Fragen bekommen! Außer wir lernen mit seiner Seele zu kommunizieren. Tierkommunikation ist ein Thema das mich ab nun fesselt und ich mir aneignen möchte …

Wenn ich in mich gehe, in die Stille gehe, tief durchatme, loslasse, vertraue, macht sich ein friedliches Gefühl breit … Bei geschlossenen Augen bewegen sich Muster durch meine innere Sehwahrnehmung. Kurz sah ich Levi auf einer erhöhten Holzpalette stehen und in die Weite blicken …

Levi wird wieder kommen. 

(Diesen letzten Satz schrieb ich grad eben, ohne ihn bewusst zu schreiben. 

Er wurde geschrieben, als ob ihn eine Kraft in mir meine Finger tippen hat lassen.)

Der nächste Morgen. Etwa 70 Stunden sind es her. Ich wache auf, sehe auf den Wecker: Halbacht. Bewusste wie wohl auch unbewusste Gedankengänge rattern in Sekundenschnelle ab. Mein Hörsinn nimmt Gils Stimme wahr. Aha, er ist schon munter. Nachdem er nichts gesagt hat, wird Levi wohl nicht gekommen sein, beim morgendlichen Aufmachen des Fensters und Rein- oder Rauslassen unserer Samtpfoten. Während meinen Wahrnehmungen und Interpretationen mache ich ein paar meiner Übungen für mein Kreuz, zur Kräftigung meiner Mitte.  Atme bewusst drei Atemzüge und sage in Gedanken mein tägliches Mantra zum an der Seite stehenden Schöpfer des Universums: „Ich ruhe in dir und lasse dich wirken, während ich mich ausruhe.“ – während ich meine Übungen mache …  

Spontan stehe ich auf, mache das Fenster auf, weil Lucy nach draußen drängen und das Fliegengitter raufklettern wollte, wohl um einen Ausweg in die Freiheit zu finden, nach nun zwölf Tagen und Nächten in „Eingewöhnungshaft“. Wir sollten sie heute rauslassen!, war ich gedanklich gewillt umzusetzen. 

Die Tierschützer sind ja – wie schon mal berichtet – der Meinung, umgesiedelte Katzen sollten drei Wochen im häuslichen Bereich bleiben, bevor man sie an die neue Umgebung draußen gewöhnt, weil sie sich in zu große Gefahren begeben und womöglich sogar die Reise in ihre alte Heimat wagen könnten. Ja, das mag schon sinnvoll sein, vor allem wenn Katzen zu fremden Menschen eingewöhnt werden. Unsere hingegen kennen uns ja sehr gut, nach 1 1/2 Jahren zumeist gemeinsame Zeit. Wir verließen uns da auf unser Gefühl und das der Katzen, und es war für mich ein eindeutiges Zeichen von Lucy, nun war ihr Tag gekommen, sie war bereit, die Umgebung zu erkunden. Als ich die Zimmertüre öffnete, bemerkte ich, Gil ist noch oben, im Zimmer daneben. Seit der Eingewöhnung der Katzen – seit Ohrli und Bijuty bei uns sind – schlafen wir in getrennten Schlafräumen. Ja, die Katzen okkupieren uns ordentlich! Gil war also noch nicht runter gegangen! Ohne jede Erwartung schlenderte ich nach unten, sah erst Ohrli auf der Terrasse und dann Bijuty am Fenster, die von ihrem nächtlichen Ausflug hinein wollten. Terrasse auf, Ohrli begrüßen, Fenster auf, Bijuty begrüßen … 

Und wer springt da plötzlich von unten auf das Fenstersims und stürmt herein? Nach dem Fellmuster – Ohrli? Der kam doch grad von der Terrasse herein? Nein! Ja!… Mein Freudenschrei schreckte unsere Miezen auf und Gil wusste sofort, was los war!

LEVI ist zurück gekommen! … 

Glückseligkeit, Dankbarkeit, Erleichterung. 

Da ist es, das WUNDER! 

Ein Moment zum Staunen! 

Nun, wo ich mir – berührt vom heutigen Tage – spätabends dieses Wunder von der Seele schreibe, schläft mein Levi-Baby, noch erschöpft von seinen Vagabund-Tagen, zur Entspannung neben mir, sein Köpfchen kuschelnd an meine Hüfte gelehnt, meine Beine sind hochgelagert am Couchtisch, mein Laptop auf den Schenkeln … zwischen den Zeilen darf meine linke Hand dankbar über sein Fell streicheln. 

Welch WUNDERVOLLES GESCHENK! 

Die Formel bleibt komplex: 

Aus 11-4-2 wird 5+1+1=7+2+(1+4)=14-5=9+(1+1+1)=12-1=11+2=13.  

Bleib dran an den Wundern! Die berührende WUNDER-Geschichte von Daisy, einer weiteren Dorfkatze, folgt in Blog 10.

By the way:

Der Erlös der POESIE- und WUNDER-Bücher von Selina Leone kommt aktuell den Straßenkatzen in Dalmatien und Österreich zugute! Danke für deine wohlwollende Unterstützung! Unsere Bücher

Frei ist derjenige, der sich der Dinge erfreut, die er loslässt, anstatt derer nachweint, die er nicht besitzt. (SandSpur)

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